Wildtierkorridore und Wildtierpassagen

Die Lebensräume vieler Wildtierarten werden durch Infrastrukturbauten wie Strassen und Eisenbahnen sowie die Ausdehnung der Dörfer und Städte zerschnitten. Wildtiere brauchen aber zusammenhängende Lebensräume, beispielsweise um täglich Nahrungs- und Ruheplätze aufzusuchen oder damit Jungtiere abwandern oder Arten sich ausbreiten können. Es braucht überwindbare Verkehrsinfrastrukturen und für Wildtiere nutzbaren Flächen zwischen den Siedlungsgürteln, um eine vielfältige Fauna aufrechtzuerhalten. In vom Menschen stark genutzten Bereichen sollen so genannte Wildtierkorridore die Bewegungsachsen der Wildtiere sichern.

Wildtierkorridore

Wildtierkorridore sind Teilstücke in den Bewegungsachsen von Wildtieren, die durch natürliche oder menschgemachte Strukturen oder intensiv genutzte Areale seitlich begrenzt sind. Sie dienen der grossräumigen Vernetzung abgegrenzter und isolierter Lebensräume von Populationen oder Teilen von Popula­tionen. Sie ermöglichen damit den genetischen Austausch zwischen und innerhalb von Populati­onen, die artspezifische Populations- und Raumdynamik (z.B. saisonale Wanderungen zwischen Sommer- und Winterlebensraum) und die aktive Ausbreitung zur Erschliessung von neuen oder Wiederbesiedlung von ehemaligen Lebens­räumen.

Die Wildtierkorridore sind im kantonalen Richtplan aufgeführt. Laut Richtplan sind sie naturgerecht zu erhalten und bei Bedarf wildtierbiologisch aufzuwerten. Engnisse sind zu überbrücken.

Wildtierkorridor Santenberg

Fragen und Antworten zu den Wildtierkorridoren

  • Was sind Freihaltebereiche in Wildtierkorridoren?

    Innerhalb der Wildtierkorridore wurden im Richtplan Freihaltebereiche festgelegt. Diese umfassen den zentralen Bereich eines Wildtierkorridors mit dem höchsten Potenzial für Wildtierwechsel. Sie entsprechen damit der minimalen Flächenausdehnung, die notwendig ist, damit ein Wildtierkorridor mindestens als Wildwechsel noch funktionieren kann. Raumrelevante Vorhaben und Aktivitäten können die Durchlässigkeit für Wildtiere stark behindern oder sogar verunmöglichen. Vorhaben in Freihaltebereichen sind deshalb auf ihre Verträglichkeit mit der Freihaltefunktion zu prüfen.

    Freihaltebereiche sollen mittels Raumsicherung d.h. als spezifische Freihaltezonen Wildtierkorridor in den kommunalen Bau- und Zonenordnungen gesichert werden.

  • Was sind die Herausforderungen und Schwierigkeiten bei Wildtierkorridoren?

    Die grösste Herausforderung bildet die Freihaltung von Hindernissen für Wildtiere zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Korridors. Die Durchgängigkeit der Landschaft für Wildtiere kann durch verschiedenste Bauten, Anlagen und Nutzungen vermindert oder gar zerstört werden wie z.B. Siedlungsausweitungen, Geflügelställe, eingezäunte Obstanlagen, Flutlichtanlagen oder Erholungsnutzungen. Besonders wichtig ist dies im Bereich geplanter Wildtierbauwerke zur Überwindung der Autobahn.  Das heisst, eine Wildtierbrücke ist nur dann sinnvoll, wenn die Tiere auch ungehindert zur Brücke gelangen können.

  • Wie viele Wildtierkorridore wurden im Kanton Luzern ausgeschieden und wo liegen sie?

    Der Kanton Luzern besitzt 26 Wildtierkorridore. Sie haben überregionale (nationale), kantonale oder lokale Bedeutung. In einem Grundlagenbericht sind Lage, Abgrenzung und Massnahmen beschrieben. Die Funktionalität und die Lage der Freihaltebereiche wurde 2018 im Feld überprüft. Die Lage und Dimension ist im Mapservice Jagd ersichtlich.

    • Wildtierkorridor LU 1: Dietwil (AG, ZG, LU)
    • Wildtierkorridor LU 2: Sempach – Rothenburg
    • Wildtierkorridor LU 3: Malters – Littau
    • Wildtierkorridor LU 4: Werthenstein
    • Wildtierkorridor LU 5: Dagmersellen – Langnau b. Reiden
    • Wildtierkorridor LU 6: Buchrain – Root
    • Wildtierkorridor LU 7: Buchrain – Emmenbrücke
    • Wildtierkorridor LU 8: Waldibrugg
    • Wildtierkorridor LU 9: Ballwil – Hochdorf
    • Wildtierkorridor LU 10: Mosen – Altwies
    • Wildtierkorridor LU 11: Triengen – Büron
    • Wildtierkorridor LU 12: Buchs – Knutwil
    • Wildtierkorridor LU 13: Wauwiler Ebene – Kaltbach – Mauensee
    • Wildtierkorridor LU 14: Zell – Gettnau
    • Wildtierkorridor LU 15: Dagmersellen – Uffikon
    • Wildtierkorridor LU 16: Willisau – Alberswil
    • Wildtierkorridor LU 17: Grosswangen – Ettiswil
    • Wildtierkorridor LU 18: Grosswangen – Buttisholz
    • Wildtierkorridor LU 19: Ruswil – Buttisholz
    • Wildtierkorridor LU 20: Willisau Stadt – Menznau
    • Wildtierkorridor LU 21: Wolhusen – Menznau
    • Wildtierkorridor LU 22: Ruswil – Hellbühl
    • Wildtierkorridor LU 23: Neuenkirch – Emmen – Hellbühl
    • Wildtierkorridor LU 24: Doppleschwand – Entlebuch
    • Wildtierkorridor LU 25: Schüpfheim – Hasle
    • Wildtierkorridor LU 26: Escholzmatt – Schüpfheim

Wildtierpassagen

Wildtierpassagen sind spezifische Bauwerke für Wildtiere, welche die Querung von Barrieren wie z.B. Autobahnen ermöglichen. Die Ausgestaltung und Dimension richtet sich nach den Zielarten und dem zu überwindenden Hindernis. Es können dies z.B. Viadukte, Wildtierbrücken und -unterführungen oder faunagerechte Gewässerdurchlässe sein.

Das Bundesamt für Strassen (ASTRA) plant in den nächsten Jahren die drei überregionalen Wildtierkorridore, welche im Kanton Luzern durch die A2 unterbrochen sind, mittels Wildtierpassagen wieder durchgängig zu machen. Beim Wildtierkorridor LU 2 (Neuenkirch) und beim Wildtierkorridor LU 5 (Langnau b. Reiden) sollen dabei Wildtierbrücken entstehen, beim Wildtierkorridor LU 12 (Knutwil) eine Wildtierunterführung.


Wildtierbrücke
Wildtierbrücke Kilchberg BE

Fragen und Antworten zu den Wildtierpassagen

  • Welchen Nutzen bringen Wildtierpassagen?

    Die Wildtierpassagen bzw. die Querungsbauwerke dienen Mensch und Tier: Der Mensch hat mit dem Bau der Autobahnen den natürlichen Lebensraum verschiedener Tierarten beeinträchtigt und die natürlichen Wanderrouten unterbrochen. Mit wildtierspezifischen Querungsbauwerken wird das langfristige Überleben von Wildtieren verbessert. Der Genaustausch zwischen Teilpopulationen (z. B. Austausch von Jura-, Mittelland-, Voralpenpopulationen) bleibt möglich. Querungsbauwerke können auch den saisonalen Wanderungen dienen (Wechsel Sommer- und Winterlebensraum) und die Wiederbesiedelung von ehemaligen Lebensräumen fördern.

    Zudem können Risiken durch Kollisionen zwischen Wildtieren und Fahrzeugen vermindert werden. Nicht selten wandern die Tiere entlang der Autobahnzäune und gelangen bei Ein- und Ausfahrten oder an Lücken im Zaunsystem auf das Trassee. Wiederholt sind z. B. im Bereich Knutwil Wildschweine auf die Autobahn gelangt, was auch ein erhebliches Sicherheitsrisiko für Verkehrsteilnehmende darstellt.

  • Werden Wildtierpassagen auch effektiv von den Tieren genutzt? Wird dies beobachtet? Welche Tiere nutzen diese?

    Verschiedenste Wirkungskontrollen zeigen, dass Wildbrücken und auch Wildtierunterführungen sehr gut angenommen werden. Neben Arten wie z.B. Reh, Fuchs, Wildschwein, Feldhase, Marder, Dachs und Rothirsch werden Wildtierbauwerke auch von verschiedensten kleineren Tieren wie Amphibien, Heuschrecken oder auch Laufkäfern genutzt. Kontrollen zeigen auch, dass z. B. Rehe Wildtierbrücken nicht nur zum Wechsel, sondern auch als neuen Lebensraum nutzen.

  • Welche Vorteile haben Passagen, welche unterhalb der Fahrbahn durchführen? Welche Vorteile haben Wildtierbrücken?

    Aus wildtierökologischer Sicht werden Überführungen als Querungshilfen bevorzugt, da in der Natur nur ein Teil der Wildtiere regelmässig unterirdische Räume, z. B. als Unterschlüpfe oder zur sicheren Fortbewegung nutzt (z.B. Fuchs, Dachs, Marder). Die bessere Funktion von Überführungen wird auch durch die Forschung bestätigt, insbesondere wenn die Unterführung nicht über ausreichend Lichteinfall und gute Deckungsstrukturen verfügt.

    Wildtierunterführungen haben demgegenüber den Vorteil, dass auch Feuchtelemente wie Bachöffnungen oder Kleintümpel besser einbezogen werden können. Damit wird die Querungshilfe insbesondere auch für "gewässerbezogene Arten" wie z.B. Amphibien attraktiv.

    Die Wahl des Bauwerktyps wird mittels Variantenstudium gefällt. Massgebend für die Wahl sind Topografie und Lage sowie eine bessere landschaftliche Eingliederung, eine bessere Anbindung an die Wälder, geringerer Kulturlandverbrauch sowie geringere Kosten. Das Bundesamt für Strassen plant aus diesen Gründen bei Knutwil eine Wildtierunterführung, bei Neuenkirch und Langnau bei Reiden dagegen eine Wildtierüberführung.

Matthias Merki
Fachbearbeiter
Arten und Lebensräume
Tel: 041 349 74 46
E-Mail

Thema Wildtierkorridore

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