Newsletter Asyl 4/2017

Inhalt

Newsletter der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen
Aus der Dienststelle
Aktuelle Lage
Hintergrundwissen Asyl
Einblicke

Newsletter der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen

Wir freuen uns, Ihnen die 4. Ausgabe des Newsletters Asyl der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) zu präsentieren. Mit dem Newsletter informieren wir Sie über aktuelle Ereignisse und Themen aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich, geben Ihnen einen Überblick über die Migrationslage in Europa, der Schweiz sowie die Situation im Kanton Luzern und weisen Sie auf interessante Veranstaltungen oder Publikationen hin.

Aus der Dienststelle

Neuer Abteilungsleiter Zentren
Die Abteilung Zentren der DAF wird neu durch Adrian Portmann geführt. Adrian Portmann ist promovierter Historiker mit Schwerpunkt moderne Geschichte. Von 2001 bis Mitte 2015 lebte er in Tschechien und war dort im wissenschaftlichen Bereich tätig, unter anderem als wissenschaftlicher Mitarbeiter/Co-Studiengangleiter an der Masaryk-Universität in Brünn. Mitte 2015 kehrte Adrian Portmann in die Schweiz zurück, wo er seine Arbeit als stellvertretender Leiter eines Durchgangszentrums im Kanton Solothurn und als Sicherheits- und Brandschutzbeauftragter aller Kollektivunterkünfte aufnahm.
 

Neuer Leiter Sachbereich Beschäftigung
Der Sachbereich Beschäftigung wird neu von Ruedi Rebsamen geleitet. Er ist somit der neue Ansprechpartner rund um Beschäftigungseinsätze für Asylsuchende. Ruedi Rebsamen ist gelernter Automechaniker und hat neun Jahre in Afrika gelebt und gearbeitet. Unter anderem hat er für das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Tansania eine Berufsschule für Lastwagenmechaniker aufgebaut und geleitet. Zurück in der Schweiz war er in diversen Unternehmen der Industrie und des Ingenieurswesen als Betriebsleiter tätig sowie Institutionsleiter von Werkstätten für Menschen mit Behinderung im Kanton Nidwalden.

Tag der offenen Tür Buttisholz
Am Samstag, 23. September 2017 können Interessierte von 11:00 bis 15:00 Uhr einen Blick hinter die Kulissen des Asylzentrums in Buttisholz werfen. Diese ist mittlerweile das vorübergehende Zuhause für 45 Personen aus zehn verschiedenen Nationen.
 
Erfahren Sie mehr über den Betrieb der Unterkunft, treten Sie in Kontakt mit den Bewohnern und Mitarbeitenden unserer Dienststelle und geniessen Sie die von den Bewohnern zubereiteten Speisen aus ihren Herkunftsländern. Wir freuen uns über ein zahlreiches Erscheinen!

 

Aktuelle Lage

Europa
Der Weg über das Mittelmeer ist nach wie vor die primäre Migrationsroute nach Europa. So gelangten bisher rund 97'000 Personen nach Italien und 12'000 nach Griechenland. Die Anzahl Anlandungen in Italien im Juli hat sich jedoch gegenüber Juli 2016 trotz günstiger Wetterbedingungen fast halbiert. Den Grund dafür könnte die Folge der Kooperation Italiens mit Libyen sein, was zu einer verstärkten Präsenz der libyschen Küstenwache geführt hat. Das Migrationspotential in Libyen ist jedoch nach wie vor hoch. Ob es sich bei den aktuell tiefen Anlandungszahlen um eine Trendwende handelt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Auffällig ist, dass die Anlandungen in Südspanien seit geraumer Zeit zunehmen. So sind dieses Jahr bereits 9'750 Migranten auf dem Seeweg in Spanien eingetroffen. Weitere 3'950 Migranten gelangten in die beiden spanischen Exklaven Ceuta und Melilla. Ein direkter Zusammenhang der Zunahme nach Spanien und dem Rückgang der Anlandungen in Italien ist derzeit weder ausgeschlossen noch bestätigt.

Schweiz
Die Lage in der Schweiz ist vergleichsweise ruhig. Seit Jahresbeginn wurden 10'817 Asylgesuche gestellt (Stand 31. Juli). Das Staatssekretariat für Migration hat für 2017 24'500 Asylgesuche prognostiziert (+/- 2'500). Das Migrationspotential Richtung Norden bleibt dennoch hoch und könnte mit dem Ende der Sommer- und Erntesaison in Italien noch ansteigen. Es bleibt daher möglich, dass unabhängig von den Anlandungen es zu grösseren Weiterwanderung Richtung Norden kommt.

Luzern
Mit Stichtag 28. August war die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen für 1'494 Asylsuchende sowie 2'966 anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene zuständig.

Hintergrundwissen Asyl

Wieso kommen zurzeit so viele Menschen aus Westafrika nach Europa?
Die Mehrheit der in Italien anlandenden Migranten stammen aus Ländern Westafrikas, wobei sich die Spitzenplätze regelmässig abwechseln. Die Herkunftsländer dieser Migranten haben eines gemeinsam: Sie zählen zu den ärmsten Ländern der Welt und kämpfen mit akuten oder langfristigen Folgen schwerer Krisen.
 
Guinea
Guinea zählt trotz grosser Vorkommen an Bodenschätzen zu einem der ärmsten Länder der Welt. 2013 wütete dort die Ebola-Seuche und forderte tausende Todesopfer. Die Seuche schwächte das Land in sämtlichen Bereichen wie z.B. das ohnehin schon schwache Gesundheitssystem, das Bildungssystem und die gesamte Wirtschaft.
 
Nigeria
Nigeria gilt gemäss Fragilitätsindex des Funds of Peace als eines der instabilsten Länder der Welt. Seit 2010 destabilisiert die islamistische Terrororganisation Boko Haram den Norden des Landes zusätzlich und hat schon über 2.6 Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Aktuell herrscht ausserdem eine Hungerskrise.
 
Gambia
Gambia ist eines der ärmsten Länder der Welt. Vergleicht man Bruttoinlandsprodukte weltweit, so steht Gambia auf Platz 177 von 190. Die Menschen fliehen vor der Armut. Damit hinterlassen sie Lücken im Arbeitsmarkt, was wiederum die Armut in dem Land verstärkt. Bis vor kurzem herrschte der autokratische Präsident Yahya Jammeh, welcher die Meinungsfreiheit unterdrückte, Homosexuelle diskriminierte und Kritiker nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International foltern liess.
 
Bangladesch
Bangladesch ist als asiatisches Land ein Ausreisser unter den momentan am stärksten vertretenen Herkunftsländer der in Italien angelandeten Migranten. Bengalen arbeiten schon seit Jahren unter prekärer Situation in Ländern des Nahen und Mittleren Ostens. Seit Ausbruch der diversen Kriege und Konflikte in der Region sind sie in diesen Ländern quasi gestrandet. Gemäss der Internationalen Organisation für Migration (IOM) befinden sich zur Zeit rund 50'000 Bengalen als sogenannte stranded migrants in Ländern Nordafrikas. Durch die Schleuser hat sich ihnen ein Weg nach Europa und somit ein Ausweg aus ihrer Situation geöffnet. Bisher ist noch keine Migrationsbewegung von Bengalen in die Schweiz feststellbar.
 
Personen aus diesen Ländern haben in der Schweiz kaum Aussichten auf Asyl. Für Guinea, Nigeria und Gambia besteht das sogenannte Fast-Track-Verfahren des Staatssekretariats für Migration (SEM). Dieses beschleunigte Asylverfahren wird seit 2012 in den Empfangs- und Verfahrenszentren (EVZ) des SEM durchgeführt. Die Befrager-Teams schliessen das Verfahren in der Regel innert 48 Stunden nach der Erstbefragung zur Person ab.

Einblicke

In diesem Newsletter erfahren Sie von Sabine Berger mehr über die Arbeit als Gesundheitsverantwortliche. Sabine Berger machte eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester am Kinderspital Luzern und arbeitete danach als Krankenschwester an verschiedenen Institutionen. Berufsbegleitend absolvierte sie die Höhere Fachschule in Aarau im Bereich Management. Seit 2012 analysierte sie mit ihrem Mann in mehren Ländern Afrikas die pädiatrische und neonatologische Gesundheitsversorgung und erarbeiteteVerbesserungsvorschläge. Seit 2016 ist sie die Gesundheitsverantwortliche im Zentrum für unbegleitete minderjährige Personen aus dem Asylbereich (ZUMA).
 
Sabine Berger, welche Aufgaben hat eine Gesundheitsverantwortliche?
Primär bin ich die erste Anlaufstelle für die Jugendlichen, wenn es um Fragen rund um die Gesundheit geht. Mit allen Jugendlichen, die neu ins ZUMA kommen, führe ich ein Eintrittsgespräch und nehme eine erste orientierende körperliche Untersuchung vor. Dabei geht es in erster Linie darum, den Allgemeinzustand der Jugendlichen zu beurteilen. Liegen gesundheitliche Probleme vor, ist es meine Aufgabe, die Dringlichkeit einer weiterführenden Behandlung festzulegen und die Triage an die entsprechenden Stellen vorzunehmen.
 
Waren Ihre Reisen nach Afrika ein Grund dafür, sich für Kinder und Jugendliche im Asylbereich zu engagieren?
Meine Auslandaufenthalte bringen mir sicher Vorteile bei der Arbeit. Ich kann gut verstehen, warum Menschen ihre Heimat verlassen. Meine Motivation lag aber vor allem darin, dass ich meine langjährige Berufserfahrung in der Pädiatrie sinnvoll einsetzen wollte. Ich informierte mich deshalb darüber, ob Freiwillige im ZUMA gesucht werden. Wie es der Zufall so wollte, suchten sie gerade eine Kinderkrankenschwester und so nahm alles seinen Lauf.
 
Unterscheiden sich die Fragen und Anliegen der MNA sehr von den Fragen und Anliegen "unserer" Jugendlichen?
Viele der Jugendlichen haben eine sehr schwierige Fluchtgeschichte hinter sich. Körperliche aber auch seelische Symptome wie innere Unruhe, Schlafstörungen und unklare Schmerzzustände, belasten die Jugendlichen. Ansonsten haben Sie vergleichbare Probleme oder Fragestellungen wie Jugendliche in der Schweiz wie z.B. Pubertätsprobleme oder Fragen zur Sexualität.
 
Trauen sich die MNA, mit ihren Fragen direkt zu Ihnen zu kommen?
Die Jugendlichen müssen sich zuerst an die neue Umgebung und das neue Zuhause gewöhnen. Sie brauchen Zeit, sich in der neuen fremden "Heimat" zurecht zu finden. Dass sie eine Ansprechperson haben, die für sie da ist, wenn sie gesundheitliche Probleme haben, ist für sie neu. Es ist deshalb besonders wichtig, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Viele der Jugendlichen haben belastende Erlebnisse hinter sich; es ist daher verständlich, dass sie Zeit brauchen, um einer fremden Person persönliche Informationen anzuvertrauen. Wenn ein sich ein Vertrauensverhältnis etabliert hat, können aber viele von ihnen offen über ihre Probleme sprechen.
 
Was macht Ihnen besonders Freude an Ihrer Arbeit?
Ich habe im vergangenen Jahr persönlich sehr viel über fremde Kulturen, Konflikte in verschiedenen Ländern der Welt und die Flüchtlingsproblematik gelernt. Diese Einsichten lassen mich noch besser schätzen, welche Privilegien wir in unserem Land haben. Wenn die Jugendlichen mir ihr Vertrauen schenken und mich im ZUMA mit einem strahlenden Lachen freundlich grüssen, dann empfinde ich eine grosse Genugtuung. Wenn ich beobachte, dass anfänglich zurückhaltende Jungen und Mädchen verstehen, wie wichtig es ist, unsere Sprache zu lernen, um ihre Integration zu erleichtern, bin ich zufrieden.
 
Und die grösste Herausforderung?
Sicherlich habe ich Zeit gebraucht, um unterschiedliche, kulturell bedingte Verhaltensweisen zu begreifen. Und immer sind auch Sprachbarrieren eine Herausforderung. Erstaunlicherweise kann man sich aber meist mit verschiedenen Sprachbrocken, Händen und Füssen doch noch verständigen.

Kontakt

​KANTON LUZERN
Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen
Gibraltarstrasse 3
6002 Luzern