Newsletter Asyl 3/2017

Newsletter der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen

Geschätzte Leserinnen und Leser
Wir freuen uns, Ihnen die 3. Ausgabe des Newsletters Asyl der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) zu präsentieren. Mit dem Newsletter informieren wir Sie über aktuelle Ereignisse und Themen im Asyl- und Flüchtlingsbereich, geben Ihnen einen Überblick über die Migrationslage in Europa, der Schweiz sowie die Situation im Kanton Luzern und weisen Sie auf interessante Veranstaltungen oder Publikationen hin

Aus der Dienststelle

Einmaliger, einmonatiger Arbeitseinsatz im Gewerbe für Asylsuchende
Asylsuchende haben die Möglichkeit sich in einem einmonatigen Einsatz im Gewerbe mit den schweizerischen Arbeitsbedingungen vertraut zu machen. Eine Festanstellung einer Person aus dem Asylbereich bedeutet eine Chance und eine Herausforderung. Verständlicherweise möchten Arbeitgebende vor einer Festanstellung die Motivation und den Durchhaltewillen prüfen. Dank einer Absprache mit dem Amt für Migration können nun analog zu den Arbeitseinsätzen in der Land- und Forstwirtschaft einmonatige Arbeitseinsätze im Gewerbe unbürokratisch organisiert werden. Arbeitnehmer füllen das Formular Meldung Arbeitseinsatz im Gewerbe aus und senden es an den Sachbereich Beschäftigung (beschaeftigung.daf@lu.ch).
 
Online-Lernmaterial Deutsch
Der Besuch eines Deutschkurses im Umfang von 200 Lektionen ist für alle Asylsuchenden im Kanton Luzern obligatorisch. Viele Asylsuchende haben diese Kurse bereits besucht, warten aber noch auf den Asylentscheid. In dieser Situation besteht die Herausforderung darin, die bereits erworbenen Sprachkenntnisse zu erhalten. Auf der Webseite der DAF stehen Lernmaterialien und Arbeitsblätter von Sprachniveau A1 bis B2 zur freien Verfügung. Das Online–Angebot dient zur Überbrückung, bis bei einem allfälligen positiven Asylentscheid die gesetzlichen Integrationsmassnahmen wie weiterführende Deutschkurse und Massnahmen zur beruflichen Integration zum Tragen kommen.
 
Resettlement-Flüchtlinge
2013 beschloss der Bundesrat angesichts der humanitären Krise in Syrien, im Rahmen des Resettlement-Programms des UNHCR 500 besonders verletzliche Flüchtlinge wie Frauen, Kinder oder gesundheitlich geschwächte Personen in Gruppen aufzunehmen. 2015 beschloss der Bundesrat die Aufnahme von weiteren 2'000 Flüchtlingen im Rahmen dieses Programms, gestaffelt über drei Jahre. Der Kanton Luzern hat bislang 92 Resettlement-Flüchtlinge aufgenommen. Das besondere an diesem Programm ist, dass diese Flüchtlinge vom UNHCR zusammen mit der Schweiz vor Ort geprüft und als Flüchtlinge anerkannt wurden, d.h. sie erhalten in der Schweiz direkt Asyl und müssen das herkömmliche Asylverfahren nicht durchlaufen. Gleichzeitig wurde durch das Staatsekretariat für Migration (SEM) ein spezifisches Integrationsprogramm eingeleitet, welches die Leute bereits vor ihrer Abreise in die Schweiz auf ihren Aufnahme- und Integrationsprozess vorbereitet. Nach ihrer Ankunft in der Schweiz durchlaufen sie für die Dauer von zwei Jahren einen individuellen Integrationsplan. Begleitet und betreut werden sie im Kanton Luzern von Hassan Fawaz. Er ist Mitarbeiter der Abteilung Integrationsmassnahmen. Mehr über die Arbeit von Hassan Fawaz erfahren Sie in der Rubrik "Einblicke".

Aktuelle Lage

Europa
Seit Jahresbeginn sind rund 83'000 Migrantinnen und Migranten in Griechenland und Italien angelandet, davon allein knapp 77'000 in Italien. Derzeit versorgt das Land über 180'000 Asylsuchende. Prognosen gehen davon aus, dass dieses Jahr insgesamt 300'000 Migranten in Italien anlanden werden. Italien kann den Ansturm kaum mehr bewältigen und fordert von der EU Unterstützung. Ende Mai hat Italien mit Tschad, Niger und Mali Abkommen abgeschlossen. Italien sichert den Ländern im Gegenzug für verstärkte Grenzkontrollen seine Unterstützung für Aufnahmezentren für irreguläre Miganten zu. Die Wirkung dieser Abkommen dürfte sich jedoch erst mittel- wenn nicht sogar langfristig zeigen. Anfang Juli ist zudem in Italien ein Treffen mit Vertretern afrikanischer Transitländer vorgesehen. Das Weiterwanderungspotential Richtung Norden ist hoch. Italien hat an den wichtigsten Übergängen zu Frankreich, Österreich und der Schweiz die Grenzkontrollen verstärkt. Dies führt dazu, dass die Migranten vermehrt versuchen, über die grüne Grenze in die anderen Länder zu gelangen.

Schweiz
Mit Stichtag 31. Mai wurden in der Schweiz seit Jahresbeginn 7'489 Asylgesuche gestellt. Der Bund geht nach wie vor von einem Szenario von 24'500 Asylgesuchen in diesem Jahr aus (+/- 2'500). Dies hängt allerdings von verschiedenen Faktoren ab. Falls Deutschland seine Grenzkontrollen intensiviert, ist es möglich, dass Migranten auf dem Weg in den Norden an der Schweizer Grenze zu Deutschland blockiert sind und deshalb hier ein Gesuch stellen. Italien kommt an die Grenzen seiner Kapazitäten. Es kann durchaus sein, dass irgendwann nicht mehr alle Ankommenden registriert werden. Die Schweiz würde das insofern betreffen, als dass sie die Mehrheit der in der Schweiz aufgegriffenen Personen nicht mehr nach Italien als Dublin-zuständiges Land rücküberstellen könnte. Aufgrund der verstärkten Grenzkontrollen Italiens weichen die Migranten vermehrt auf andere Routen aus und versuchen über die grüne Grenze in andere Länder zu gelangen. Es konnte bereits jetzt schon ein Anstieg der Personen, welche über die grüne Grenze illegal in die Schweiz gelangten und aufgegriffen wurden, beobachtet werden. Im Rahmen der Aktion "Migranti17" unterstützen deshalb Polizisten aus anderen Kantonen die Tessiner, Bündner und Walliser Polizeikorps.

Kanton Luzern
Per 31. Mai 2017 war der Kanton für 1'526 Asylsuchende sowie 3'186 anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene zuständig. Im Juni wurde das Minimalzentrum Fischbach in Betrieb genommen. Zur Zeit leben dort 13 Personen (Familien, Ehepaare und junge Männer). Ende Juni wird der Betrieb der temporären Asylunterkunft (TUK) Utenberg eingestellt. Damit schliesst auch die letzte unterirdische Unterkunft im Kanton, bleibt dem Kanton aber als strategische Reserve erhalten.

Hintergrundwissen Asyl

Dürfen Asylsuchende arbeiten?
Asylsuchende können grundsätzlich drei Monate nach Einreichen des Asylgesuches arbeiten, eine Arbeitsaufnahme ist jedoch melde- und gebührenpflichtig. Arbeitgebende müssen zwingend vor dem Stellenantritt das Formular 2 «Gesuch für erwerbstätige Ausländer/Innen aus nicht EU/EFTA-Staaten» ausfüllen und dem Amt für Migration zusenden. Das Amt für Migration prüft die Anstellungsbedingungen, so z.B. die Einhaltung von orts- und branchenüblichen Löhnen. Neu darf die asylsuchende Person bereits ab Einreichen des Bewilligungsgesuchs durch den Arbeitgeber arbeiten und muss nicht warten, bis die Bewilligung eingetroffen ist. Der Flyer "Flüchtlinge einstellen" orientiert über die Arbeitsbedingungen für Asylsuchende, aber auch anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene. Er kann bei Bedarf bei der DAF bestellt werden.

Einblicke

Mitarbeitende der DAF stellen sich und ihre Arbeit vor. In diesem Newsletter: Hassan Fawaz, Integrationscoach Resettlement-Flüchtlinge.
 
Hassan, Sie haben selbst einen Migrationshintergrund. Woher stammen Sie ursprünglich?
Ursprünglich komme ich aus dem Libanon – ein Land, das ich sehr liebe und zu welchem ich immer noch sehr viel und engen Kontakt habe. Mittlerweile lebe ich aber seit fast 30 Jahren in der Schweiz und habe die Schweiz und die lokale Kultur sehr gerne gewonnen. Als Schweizer und Libanese habe ich den Vorteil, beide Kulturen in mir zu vereinen, was das Leben interessant macht.
 
Wie hat es Sie in die Schweiz verschlagen?
In Libanon herrschte Bürgerkrieg und ich wollte mich beruflich weiterentwickeln. Es ergab sich eine Möglichkeit, in die Schweiz zu kommen und hier ein Leben aufzubauen. Obwohl vieles in der Schweiz neu für mich war, war der Unterschied zu meinem Leben in Libanon letztlich nicht so gross. Ich konnte zwar kein Deutsch, sprach aber Französisch. Ich interessierte mich für Politik und war mit dem schweizerischen Staatswesen vertraut. Ich engagierte mich gleich nach meiner Ankunft in der Schweiz in Vereinen und lernte Deutsch. In Libanon war ich als Lehrer tätig. Auch in der Schweiz war ich im Bildungsbereich aktiv. Ich habe Arabisch unterrichtet und mich zum Ausbilder und Übersetzer mit eidg. Fachausweis weitergebildet und danach einen Master als Kulturmanager an der Universität Basel absolviert. Meine berufliche Ausbildung und Erfahrungen aus dem Libanon sowie meine Weiterbildungen in der Schweiz haben mir und meiner Familie geholfen, uns rasch in der Schweiz zu integrieren und stets ein selbständiges und finanziell unabhängiges Leben führen zu können.
 
Nun sind Sie unser Integrationscoach für die Resettlement-Flüchtlinge. Was aber macht ein Integrationscoach genau?
Im Rahmen des Bundesprojekts Resettlement stehe ich den Flüchtlingen als Coach zur Seite und begleite ihre Integrationsprozesse. Ich erstelle mit den Betroffenen einen individuellen Integrationsplan, der Ziele, Erwartungen und Massnahmen umfasst und die Integration Schritt für Schritt plant. Wir möchten sicher gehen, dass alle Betroffenen gefordert wie gefördert werden und sich möglichst bald erfolgreich im Kanton Luzern integrieren. Sie erhalten medizinische Betreuung und müssen Deutsch lernen. Kinder werden eingeschult, benötigen aber weiterführende Unterstützung, um das Schulsystem und die hiesigen Regeln zu verstehen. Die Eltern müssen ebenfalls informiert und beraten, Gespräche zwischen Eltern und Schulbehörden organisiert und geführt werden. Jugendliche müssen eine Ausbildung absolvieren und für Erwachsene muss eine Beschäftigung gefunden werden. Ich begleite und berate die Betroffenen beim Bezug ihrer Wohnung, stelle sicher, dass sie in der Gemeinde aufgenommen werden und ein soziales Umfeld aufbauen können. Isolation ist neben den teilweise unterschiedlichen Werten und Normen das grösste Hindernis bei der Integration. Ich gebe Kurse zu hiesigen Werten und Normen, führe die Flüchtlinge in das Leben in der Schweiz ein, erkläre ihnen den Alltag und gesellschaftliche Regeln oder übernehme die Mediation bei Problemfällen. Daneben koordiniere ich den Kontakt zu den bestehenden Strukturen und Hilfswerken und fungiere als Kontaktstelle und Ansprechperson des Staatssekretariat für Migration in operativen Belangen. Dabei arbeite ich auch eng mit den SozialarbeiterInnen zusammen - ein Austausch und eine Zusammenarbeit, die ich sehr schätze. Es ist jedenfalls eine spannende und vielfältige Aufgabe, die fast alle Bereiche wie gesundheitliche Begleitung, Schul- und Bildungsbereich, Berufseinstieg, soziale Integration und natürlich das Zusammenleben mit der einheimischen Bevölkerung umfasst.
 
Als jemand, der selbst migriert ist und sich integriert hat: Ist dadurch die Beziehung zu den Klienten eine andere? Fassen sie zu Ihnen schneller Vertrauen? Oder ist es manchmal fast schon schwieriger für Sie, weil sie sich Ihnen dadurch verbundener fühlen und vielleicht auch höhere Erwartungen an Sie haben?
Es ist sicherlich hilfreich, dass ich beide Kulturen kennen und dieselbe Sprache wie die Flüchtlinge aus dem arabischen Raum spreche. Das erleichtert die Kommunikation und schafft Vertrauen. Vielen ist die Schweizer Kultur sehr fremd, sie sprechen die Sprache nicht, haben teilweise nur eine beschränkte schulische Ausbildung. Die Flüchtlinge haben aber oft auch hohe Erwartungen, die nicht der Realität entsprechen. Wichtig ist dann, ihnen mit Respekt, Offenheit und Ehrlichkeit das Leben und ihre Zukunft in der Schweiz nahe zu bringen.
 
Sehen Sie schon Erfolge bei der Integration der Resettlement-Flüchtlinge?
Ich sehe viele Erfolge. Die Mehrheit gibt sich grosse Mühe und findet sich bereits sehr gut zurecht. Vor allem die Kinder haben sich gut in der Schule integriert und die Jugendliche sind stark daran interessiert, eine Ausbildung zu absolvieren. Mehr als die Hälfte der Betroffenen hat grosse Fortschritte im Deutsch gemacht und kann mit Einheimischen gut kommunizieren. Eine Familie ist bereits finanziell unabhängig, weil beide Eltern einer bezahlten Beschäftigung nachgehen. Ein Mann bildet sich zum Koch aus. Ein anderer bildet sich als Maurer aus. Viele Frauen haben Kontakte zu Schweizerinnen gefunden und engagieren sich in Frauenvereinen. Behinderte haben wieder angefangen auszugehen, da sie medizinisch behandelt wurden und nun wieder aktiv am Alltag teilnehmen können. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir viele Erfolgsgeschichten in Luzern sehen werden.

Kontakt

​KANTON LUZERN
Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen
Gibraltarstrasse 3
6002 Luzern