Newsletter Asyl 6/2017

Newsletter der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF)

Liebe Leserinnen und Leser
Es freut uns, Ihnen die 6. Ausgabe des Newsletters Asyl der DAF zu präsentieren. Mit dem Newsletter informieren wir Sie über aktuelle Ereignisse und Themen im Asyl- und Flüchtlingsbereich, geben Ihnen einen Überblick über die Migrationslage in Europa, der Schweiz und im Kanton Luzern und weisen Sie auf interessante Veranstaltungen oder Publikationen hin.

Aus der Dienststelle

Asylzentrum Grosshof in Betrieb
Am 1. Dezember hat das Durchgangszentrum (DGZ) Grosshof in Kriens den Betrieb aufgenommen. Es dient zur Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten Minderjährigen aus dem Asylbereich (MNA) und ersetzt das Zentrum für unbegleitete Minderjährige aus dem Asylbereich (ZUMA) Pilatusblick, das Ende November planmässig geschlossen hat. Momentan sind rund 90 MNA im DGZ Grosshof untergebracht.
 
Asylzentrum Oberkirch umbenannt
Das Asylzentrum Oberkirch wurde bisher als Temporäre Unterkunft (TUK) bezeichnet. Im Rahmen der Umsetzung der Zentrenstrategie der DAF wurde es nun umbenannt in Aufenthaltszentrum (AZ). Die Umbenennung hat keine Änderung im Betrieb zur Folge.
 
Die Zentrenstrategie der DAF sieht vor, dass Asylsuchende bis zu ihrem Entscheid in einem kantonalen Asylzentrum verbleiben. Da sich die Betreuungsintensität erfahrungsgemäss mit der Zeit ändert, wird diesem Umstand mit drei verschiedene Zentrentypen Rechnung getragen: Durchgangszentren (DGZ), Aufenthaltszentren (AZ) und Minimalzentren (MZ).
 
Die Merkmale der Zentren sind wie folgt:
 
DZG: Hohe Betreuungsintensität (24/7), Gesundheitsversorgung, Eingangskontrolle
AZ: Reduzierte Betreuung, aber nach wie vor 24/7, Eingangskontrolle
MZ: Minimalbetreuung, keine Nachtwache, keine Eingangskontrolle

Aktuelle Lage

Europa
Die Anlandungen in Italien bewegen sich nach wie vor deutlich unter den für 2017 erwarteten Zahlen. Experten gehen davon aus, dass dies bis Ende Jahr so bleiben dürfte. Auch die Zahl der Überfahrten aus Tunesien ist deutlich zurückgegangen. Diese hatte sich in den letzten Wochen als Reaktion auf die erschwerten Umstände für Abfahrten in Libyen erhöht. Einen Höchstwert haben dafür die Anlandungen in Spanien erreicht: Seit Jahresbeginn landeten dort mehr als 20'000 Migranten an. Das sind mehr als doppelt so viele wie im ganzen Vorjahr. Über die Wintermonate dürfte mit einer eher ruhigen Migrationslage zu rechnen sein. Ob es im Frühjahr wieder zu Abfahrten im grossen Stil kommt, hängt von den nordafrikanischen Ländern und deren Handlungsbereitschaft ab.

Schweiz
Im November wurden 1'443 Asylgesuche in der Schweiz eingereicht. Somit wurden seit Jahresbeginn 16'887 Asylgesuche gestellt. Angesichts der jüngsten Entwicklungen geht das Staatssekretariat für Migration (SEM) von insgesamt 18'500 Asylgesuchen für das laufende Jahr aus, 6'000 Gesuche weniger als Anfang Jahr prognostiziert. Auch für das nächste Jahr erwartet das SEM Asylgesuche in derselben Höhe. Entwicklungen mit mehr Asylgesuchen sind jedoch jederzeit möglich.

Luzern
Per 14. Dezember 2017 war die DAF für 1'403 Asylsuchende sowie 3'070 Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene zuständig. Der Kanton Luzern hat dem Staatssekretariat für Migration (SEM) drei Möglichkeiten für ein neues Bundesasylzentrum zur Prüfung eingegeben als Alternative zu den Plänen des Bundes. Dieser hatte ursprünglich beabsichtigt, ein Bundesasylzentrum in Seewen zu eröffnen. Allerdings stiess er bisher auf den Widerstand des Schwyzer Regierungsrates. Würde im Kanton Luzern ein Bundesasylzentrum realisiert, so müsste er dafür weniger Asylsuchende aufnehmen. Das wiederum würde auch weniger Kosten für die Integration und die Sozialhilfe bedeuten. Der Bund benötigt die neuen Zentren, um das revidierte Asylgesetz mit beschleunigten Verfahren per 2019 umzusetzen.

Hintergrundwissen Asyl

Asylsuchende, Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene: Wer soll (beruflich) integriert werden?
Für Asylsuchende und Flüchtlinge/vorläufig Aufgenommene gelten in Bezug auf die Integration und insbesonders die berufliche Integration wegen ihres Rechtsstatus unterschiedliche Vorgaben. Eine Integration - sozial wie beruflich - wird nur bei Personen mit einem geregelten Bleiberecht gefördert.
 
Asylsuchende befinden sich noch im Asylprozess, d.h. sie haben (noch) kein Bleiberecht. Weil bei ihnen nicht sicher ist, ob sie in der Schweiz bleiben dürfen, gibt es auch keinen gesetzlichen Auftrag zur Integration, weder zur sozialen noch zur beruflichen. Da sie die Schweiz zu jeder Zeit wieder verlassen könnten, gilt es vielmehr, ihre Rückkehrfähigkeit zu erhalten. Die Beschäftigungsprogramme der DAF dienen hauptsächlich dazu, den Asylsuchenden eine sinnvolle Tagesstruktur zu ermöglichen und sind keine Integrationsangebote im eigentlichen Sinn.
 
Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene haben ein geregeltes Bleiberecht, d.h. sie bleiben in der Regel dauerhaft in der Schweiz und es gibt einen gesetzlichen Auftrag zur Integration. Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene zählen zu den inländischen Arbeitskräften, deshalb sollen sie möglichst rasch in den Arbeitsmarkt integriert werden. Sie zählen ausserdem zu den Zielgruppen der kantonalen Integrationsprogramme und können deshalb von unterschiedlichen Massnahmen zur sprachlichen, sozialen, schulischen oder beruflichen Integration profitieren.

Einblicke

Mitarbeitende der DAF stellen sich uns ihre Arbeit vor. In dieser Ausgabe erfahren Sie von Pedro Schmidli mehr über die Arbeit als Wohnbegleiter.
 
Pedro, Sie sind Mitarbeiter der Abteilung Wohnbegleitung. Was muss man sich genau unter der Wohnbegleitung vorstellen?
Wir sind verantwortlich für den Wohnraum, der vom Kanton angemietet wird und in den Flüchtlinge (FL) und vorläufig Aufgenommene (VA) einquartiert werden. Das umfasst die Planung des Umzugs, das Sicherstellen der Wohnungseinrichtung, den Kontakt zur Vermieterschaft, die Anmeldung auf der Gemeinde oder kleinere Reparaturarbeiten. Wir leiten die Bewohnerinnen und Bewohner in die Führung des Haushaltes an, mit dem Ziel, dass sie die Grundanforderungen im Wohnen selbständig bewältigen können. Bei unseren Besuchen weisen wir immer wieder auf die Hausordnungen hin und achten darauf, dass diese auch eingehalten werden. Bei Krisen sind wir vor Ort. Dabei arbeiten wir eng mit der Abteilung Sozialdienst zusammen. Durch die regelmässigen Besuche unseres Teams Grossliegenschaften fassen die Bewohnerinnen und Bewohner Vertrauen zu uns und gelangen mit ihren Anliegen an uns. Wir schauen dann, ob wir für das Anliegen zuständig sind, oder eine andere Stelle innerhalb der DAF. In dem Fall verweisen wir unsere Klientel darauf. Weil wir regelmässig vor Ort sind, sind wir auch für die Gemeinden wichtige Ansprechpartner. Ausserdem unterstützen wir in enger Zusammenarbeit mit der Koordinationsstelle Freiwilligenarbeit der DAF die Freiwilligen, die sich vor Ort für die Personen aus dem Flüchtlingsbereich engagieren.
 
Wieso mietet der Kanton für Personen aus dem Flüchtlingsbereich überhaupt Wohnraum an?
Erwiesenermassen ist es auf dem angespannten Wohnungsmarkt für FL/VA schwierig, eine günstige und geeignete Wohnung zu finden. Um ihnen den Start zu erleichtern, werden FL/VA deshalb nach Erhalt des Bleiberechts aus den Zentren zunächst in eine vom Kanton angemietete Wohnung umquartiert. Idealerweise wurden die Klienten und Klientinnen durch den Aufenthalt in den Asylzentren in ihrer Wohnfähigkeit soweit gefördert, dass sie sich bei einem allfälligen Statuswechsel selbstständig im individuellen Wohnumfeld bewegen können. Erfahrungsgemäss sind jedoch viele mit den täglichen Anforderungen an ein selbstständiges Wohnen überfordert und bedürfen auch in der Nachzentrumsphase einer weiteren Betreuung bzw. Förderung der Grundkenntnisse im Bereich Wohnen. Da kommt die Wohnbegleitung ins Spiel.
 
Wohnen birgt einiges an Konfliktpotential, egal ob Einheimische oder Ausländer. Vieles, was für uns selbstverständlich ist, ist für Personen aus anderen Kulturkreisen völlig unbekannt. Das unterscheidet sich nur schon in der Art, wie man eine Wohnung reinigt, wie man kocht, wann man isst.
Das stimmt. Als ich zum Beispiel in Bolivien lebte, hat sich das Leben meistens draussen abgespielt. Die Besuche bei den Menschen waren spontan, Gäste wurden immer herzlich empfangen. Das ist auch der Fall, wenn wir unsere Klientel in den Wohnungen aufsuchen. In Bolivien gab es keine Nachtruhe, Feste mit lauter Musik konnten bis in die Morgenstunden dauern. Auch bei unserer Klientel hier merken wir, dass ein anderes Verständnis von Nachtruhe herrscht. Hier müssen wir öfters eingreifen und ihnen erklären, was Nachtruhe bedeutet und wie wichtig es für das gute Zusammenleben ist, diese einzuhalten. Weil sich das Leben in Bolivien vor allem draussen abspielte, war die Sauberkeit der Wohnung eher zweitrangig. Das bedeutet nicht, dass sie schmutzig waren, aber sie entsprachen sicher nicht dem Standard, den wir hier setzen. Bei unserer Klientel ist besonders die Sauberkeit der Wohnung immer wieder ein Thema, ganz einfach deshalb, weil sie Sauberkeit anders definieren als wir.
 
Dann kommen Ihnen also Ihre eigenen Erfahrungen bei der Arbeit zugute?
Auf jeden Fall. Bei den verschiedenen Aufgaben kann ich meine Erfahrungen aus Südamerika sehr gut nutzen. Ich weiss aus eigener Erfahrung, was es bedeutet, in einem fremden Land mit (noch) fremden Regeln zu leben und nicht zu wissen, was der nächste Tag mit sich bringt. Dadurch habe ich sicher auch mehr Verständnis dafür, dass eben gewisse Dinge, die für uns so selbstverständlich sind, für Menschen aus anderen Ländern und Kulturen unbekannt sind und es etwas dauert, bis man sich daran gewöhnt hat.
 
Bevor Sie in die Wohnbegleitung gewechselt haben, waren Sie Standortverantwortlicher der TUK Buchrain. Wie stark unterscheidet sich Ihre jetzige Arbeit von der als Standortverantwortlicher?
Die Aufgaben der Wohnbegleitung sind meiner Meinung nach komplexer. Vorher waren die Asylsuchenden vor Ort und ich konnte direkt mit der Gemeinde und den Freiwilligen etwas aufbauen. Ich konnte zu allen eine Beziehung aufbauen und wusste, was in ihnen vorgeht. Die Menschen im Dorf wussten mit der TUK, an wen sie sich bei Anliegen wenden können. Das ist jetzt anders. Bei den Besuchen in den Liegenschaften weiss ich nie, wer von den Bewohnern zu Hause sein wird. Dadurch ist es auch schwieriger, sie bei ihren Anliegen zu unterstützen oder Einfluss zu nehmen, damit Ordnung herrscht. Der Kontakt zu den Gemeinden und Freiwilligen ist jedoch nach wie vor sehr gut. Was mich besonders freut ist, wenn ich ehemalige Bewohner der TUK in ihren Wohnung besuche und sehe, wie gut sie Sorge dazu tragen.

Kontakt

​KANTON LUZERN
Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen
Gibraltarstrasse 3
6002 Luzern