Newsletter Freiwilligenarbeit 2/2018

Wissenswertes und Informatives aus der Arbeit der Koordinationsstelle für Freiwilligenarbeit im Asyl- und Flüchtlingsbereich

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser
Liebe Freiwillige

Bildung beginnt mit der Geburt. Die Grundsteine für die emotionale, soziale und kognitive Entwicklung eines Kindes werden nämlich in den ersten Lebensjahren gelegt. Wachsen die Kinder in einem anregenden Umfeld auf, eignen sie sich leichter zentrale Kompetenzen für ihren weiteren Lebensweg an, insbesondere für einen erfolgreichen Start in die Schullaufbahn. Von guten Startbedingungen sollen alle Kinder profitieren können, unabhängig ihrer Herkunft und ihres Aufenthaltsstatus. Die Frühe Förderung leistet einen wichtigen Beitrag, indem sie die Kinder in ihren Ressourcen stärkt, sie ihr Potenzial entfalten lässt und deren Eltern in ihren erzieherischen Kompetenzen unterstützt. So erhöhen sich die Bildungschancen der Kinder im Vorschulalter, während gleichzeitig Entwicklungsunterschiede verringert werden. Das ist mitunter auch ein Grund, wieso in der Integrationsagenda Schweiz, welche von Bund und Kantonen beschlossen wurde und die 2019 umgesetzt wird, die Frühe Förderung von Kindern aus dem Asylbereich eines der fünf Wirkungsziele ist. So sollen künftig 80% der Kinder bereits beim Start in die obligatorische Schulzeit in eine der Landessprachen verständigen können. Auch die Schulangebote Asyl, welche von der Dienststelle Volksschulbildung angeboten werden, zielen darauf, den Kindern und Jugendlichen einen möglichst guten Start in die hiesige schulische Laufbahn zu ermöglichen. Mehr dazu erfahren Sie weiter unten von Brigitt Stadelmann, Leiterin der Schulangebote Asyl. Von der Frühen Förderung profitiert letztlich die Gesellschaft als ganzes: Es ist erwiesen, dass Investitionen in Angebote der Frühen Förderung weitaus weniger kosten, als spätere Unterstützungs- und Fördermassnahmen.
 
Marianne Bachmann
Koordinatorin Freiwilligenarbeit

Integrationsagenda Schweiz - Früher einsetzen und intensivieren

Mit den beschleunigten Asylverfahren, die im Frühjahr 2019 schweizweit eingeführt werden, wissen Schutzsuchende rasch, ob sie in der Schweiz bleiben dürfen. Dank der Integrationsagenda werden nun die Voraussetzungen geschaffen, dass die Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen zeitnah Teil unserer Gesellschaft werden und ins Berufsleben einsteigen können. Bund und Kantone haben dazu eine Integrationsagenda verabschiedet und verbindliche Wirkungsziele festgelegt:
 
Alle anerkannten Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen haben nach drei Jahren Grundkenntnisse einer Landessprache.
80 % der Flüchtlingskinder, die im Alter von 0 bis 4 Jahren in die Schweiz kommen, können sich beim Start der obligatorischen Schulzeit in der am Wohnort gesprochenen Sprache verständigen.
Zwei Drittel der anerkannten Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen zwischen 16 und 25 Jahren befinden sich nach fünf Jahren in einer beruflichen Grundbildung.
Die Hälfte der erwachsenen Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen ist nach sieben Jahren im Arbeitsmarkt integriert.
Alle anerkannten Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen sind nach wenigen Jahren mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten vertraut und haben Kontakte zur Bevölkerung.
 
Die Intensivierung der Integrationsmassnahmen für Personen aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich ist aus vielerlei Gründen sinnvoll: Gute Sprachkenntnisse vereinfachen die Veständigung im Alltag, am Arbeitsplatz oder in der Ausbildung. Die Bildung wird entlastet, weil jugendliche Flüchtlinge besser vorbereitet in die Berufsbildung kommen. Die Wirtschaft profitiert von inländischen Arbeitskräften, die dank guter Vorbereitung schneller im Arbeitsleben Fuss fassen.
 
Auch die Freiwilligen spielen bei der Integrationsagenda eine wichtige Rolle: In den Bereichen soziale Integration, Alltagsorientierung und Mentoring-Programme für Jugendliche und Erwachsene ist ihr Einsatz von hohem Wert.

Schulangebot Asyl

Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter haben das Recht und die Pflicht den Schulunterricht zu besuchen, auch solche aus dem Asylbereich. Der Kanton Luzern unterscheidet dabei zwei Phasen: Der Schulbesuch der Schulangebote Asyl und der Schulbesuch der Gemeindeschule.
 
Die Schulangebote Asyl sind ein Angebot der Dienststelle Volksschulbildung und richten sich an alle Kinder und Jugendlichen, die in einem der kantonalen Asylzentren wohnen. Aktuell besuchen rund 120 Kinder und Jugendliche die Schulangebote Asyl. Sie werden an vier Standorten unterrichtet, wobei sich der Hauptstandort und somit die grösste Schule mit rund 60 Lernenden im Schulhaus Schädrüti in Luzern befindet. Hier besuchen die älteren Kinder den Unterricht. Für die jüngeren Kinder werden in oder bei den Asylzentren Schulen geführt, zurzeit im DGZ Hirschpark, im DGZ Rothenburg und beim AZ Geuensee.
 
Der Besuch der Schulangebote Asyl bedeutet für die Kinder und Jugendlichen in der Regel der erste Kontakt mit einer Schule im neuen Aufenthaltsland. Dabei starten sie mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen. Die einen besuchten im Heimatland bereits die Schule, andere können weder lesen noch schreiben oder kennen die lateinische Schrift nicht.
 
Die Einschulung von neuen Lernenden erfolgt meist innerhalb von zwei Wochen nach der Ankunft im Zentrum. In diesen ersten beiden Wochen wird mit den Kindern und Jugendlichen ein Einstufungstest durchgeführt. Neben Schreib-, Sprach- und Mathematikkenntnissen werden auch logisches Denken und bildnerisches Gestalten angeschaut. Die Ergebnisse dieses Tests bilden zusammen mit dem Alter des Kindes die Grundlage für die Klasseneinteilung. Nach Möglichkeit wird dabei darauf geachtet, dass der Altersunterschied innerhalb einer Klasse nicht zu gross ist.
 
Alle Lehrpersonen, die an den Schulangeboten Asyl unterrichten, sind als Basisstufen-, Primar- oder Sekundarlehrpersonen ausgebildet, idealerweise mit Zusatzausbildung oder mehrjähriger Erfahrung in Deutsch als Zweitsprache. Nebst der Ausbildung sind Qualitäten wie interkulturelle Kompetenzen, Offenheit für Veränderungen, hohe Flexibilität bezüglich wechselnder Zusammensetzung der Gruppen und Umgang mit Unvorhergesehenem gefragt. Die Inhalte und Ziele des Unterrichts orientieren sich am Lehrplan des Kantons Luzern. So wird auch an überfachlichen Kompetenzen wie Arbeitshaltung, Pünktlichkeit, Verbindlichkeit und Zuverlässigkeit gearbeitet, die soziale Integration gefördert und Selbstvertrauen aufgebaut.
 
Eine wichtige Aufgabe der Schulangebote Asyl ist, den Kindern und Jugendlichen nach einer meist unruhigen und unsicheren Zeit der Flucht wieder einen strukturierten und sicheren Alltag zu bieten sowie ihnen Zeit zum Ankommen in der für sie neuen Welt zu geben. Das Vertrautwerden mit dem schweizerischen Schulsystem und- alltag sowie das Erlernen der deutschen Sprache bilden dabei wichtige Ziele.
 
Sobald Familien vom Zentrum weg in individuelle Wohnungen ziehen, beginnt die Integration der Kinder in die Gemeindeschule. Der Zeitpunkt des Eintritts in die Regelschule ist somit vom Wechsel der Wohnform und nicht vom Lernstand des Kindes abhängig. Betreffend Einschulung in der Gemeinde geben die Schulangebote Asyl eine Empfehlung zur Schulstufe verbunden mit einem Bericht zu Lern- und Entwicklungsstand des Kindes.
 
Unbegleitete minderjährige Kinder und Jugendliche (MNA) wohnen in der Regel bis zum 18. Geburtstag im DZG Grosshof. Sie besuchen die Schulangebote Asyl bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit. Im Idealfall erfüllen die Jugendlichen in diesem Alter die Voraussetzungen für das Integrationsbrückenangebot (IBA) des Zentrums für Brückenangebote, welches die Jugendlichen auf den Berufseinstieg vorbereitet. Jugendliche, die mit 16 Jahren diese Voraussetzungen noch nicht erfüllen, können ihre Schulzeit an den Schulangeboten Asyl um ein oder zwei Unterrichtsjahre in der nachobligatorischen Anschlussklasse verlängern.
 
Jugendliche Asylsuchende, die nach der obligatorischen Schulzeit dem Kanton Luzern zugewiesen werden, starten die schulische Ausbildung aktuell im Angebot Schule und Jobtraining der Caritas Luzern. Auch diese Schule bereitet soviele Jugendlichen wie möglich auf das IBA vor.

Sprachförderangebot "Kantonskurse"

Die Sprachförderung ist Teil der Integrationsförderung der Asylsuchenden im Kanton Luzern. In den obligatorischen, kantonalen Sprachförderangeboten für Asylsuchende unterrichten nach fide ausgebildete Sprachkursleiter im Integrationsbereich alltags- und lebensweltbezogen (www.fide-info.ch). Der Kursinhalt orientiert sich an der Lebenssituation der Asylsuchenden. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass folgende fide-Handlungsfelder besonders wichtig für die Asylsuchenden sind: Wohnumgebung, Gesundheit & Krankheit und Verkehr. Weitere Handlungsfelder sind für unterschiedliche Gruppen wichtig, so zum Beispiel Kinder, Arbeit oder Weiterbildung. Zugeschnitten auf diese Handlungsfelder möchten und müssen die Asylsuchenden ihre Deutschkenntnisse aufbauen.
 
Zu jedem Handlungsfeld gibt es Lernziele zu mündlichen und schriftlichen Fertigkeiten. Diese werden im Unterricht gemeinsam erarbeitet. Der Fokus liegt in unseren Sprachförderangeboten auf den mündlichen Fertigkeiten, so dass sich die Teilnehmenden möglichst rasch selbständig in ihrem Alltag verständigen können. Zu den einzelnen Handlungsfeldern lernen die Teilnehmenden die üblichen Handlungsabläufe in der Schweiz kennen und gleichzeitig die notwendigen Redemittel.
 
Hier ein Beispiel: Im Handlungsfeld Wohnumgebung lernen die Asylsuchenden beispielsweise wie sie sich ihren neuen Nachbarn vorstellen können. Sie lernen aber auch wie der Müll richtig getrennt und entsorgt wird. Sie lernen wie sie fragen können, falls sie etwas von den Betreuenden im Durchgangszentrum, den Nachbarn oder der Wohnbegleitung brauchen (z.B. Hilfe beim Wechseln einer Glühlampe oder beim Verstehen des Waschplans, Bitte ein Küchengerät zu borgen, ein Nahrungsmittel auszuleihen).
 
An einem Sprachförderangebot der DAF nehmen 12- 15 Personen teil. Ein Kurs umfasst 200 Lektionen und dauert rund sechs Monate. Der Unterricht findet an drei Wochentagen statt. Eine Kursleitungsperson führt den Kurs von Anfang bis zum Abschluss. Es werden derzeit Sprachförderangebote für schulgewohnte und schulungewohnte Teilnehmende auf den Niveaus A1.1, A1.2 und A2.1 sowie Kurse für Alphabetisierung und Konversation angeboten.

Dürfen Asylsuchende Fahrstunden nehmen?

Im Prinzip steht es jeder volljährigen Person in der Schweiz frei, Fahrstunden zu nehmen. Bei Asylsuchenden gestaltet sich dies jedoch komplexer, da die überwiegende Mehrheit nicht erwerbstätig und somit von Sozialhilfe abhängig ist.
 
Grundsätzlich gehören Fahrstunden nicht zur materiellen Grundsicherung einer bedürftigen Person, weshalb Kosten für Fahrstunden von der Sozialhilfe auch nicht übernommen werden können. Falls der Erwerb des Führerausweises die Bedingung für eine Anstellung ist, mit der eine Person selbständig für ihren Lebensunterhalt aufkommen kann, ist eine Finanzierung im Rahmen der situationsbedingten Leistungen möglich. Dasselbe gilt für Fälle, wenn ein Motorfahrzeug für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit (z.B. Arbeitsort ist mit ÖV nicht bzw. nicht rechtzeitig zu erreichen) oder aus gesundheitlichen Gründen zwingend erforderlich ist. Voraussetzung ist immer, dass keine Alternativen zur Verfügung stehen.
 
Falls Asylsuchenden, welche Sozialhilfe beziehen, die Fahrstunden durch Dritte (z.B. gemeinnützige Vereine, Freiwillige) finanziert werden, behält sich der Sozialdienst die Prüfung vor, ob diese regelmässig erbrachten freiwilligen Leistungen zum Budget der asylsuchenden Person anzurechnen sind, was eine Kürzung der Sozialhilfe zur Folge haben kann (siehe hierzu auch Praxisbeispiel der SKOS: «Wie sind freiwillige Zuwendungen Dritter zu berücksichtigen»).
 
Asylsuchenden, die keine Sozialhilfe beziehen, steht es frei, Fahrstunden zu nehmen.
 
Falls Freiwillige Asylsuchenden Fahrstunden geben möchten, gilt es Folgendes zu beachten:
 
Die Asylsuchenden müssen über einen gültigen Lernfahrausweis verfügen.
Die Begleitperson muss das 23. Lebensjahr vollendet haben und seit mindestens drei Jahren im Besitz des Führerausweises Kat. B sein.
Die Asylsuchenden verfügen nicht über die Fremdlenkversicherung, mit der sie Schäden, die sie allenfalls an fremden durch sie gelenkten Fahrzeugen verursachen, versichern. Diese Deckung gilt im Übrigen nur für das gelegentliche Benützen fremder Fahrzeuge. Regelmässige Fahrstunden - darunter fällt auch nur schon das einmalige Fahren in der Woche über einen längeren Zeitraum - gelten dann nicht mehr als gelegentlich. Die entsprechende Versicherung ist daher Sache der FahrzeuginhaberInnen.

Lese- und Schreibdienst

Der Lese- und Schreibdienst für Asylsuchende und Flüchtlinge ist Ende August gestartet. Vier freiwillig Engagierte unterstützen Klientinnen und Klienten in der Zuständigkeit der DAF beim Erstellen von schriftlichen Dokumenten und beim Lesen und Verstehen von amtlichen Briefen. Der Lese- und Schreibdienst wird im Tiefparterre an der Brünigstrasse 25 in Luzern durchgeführt. Er ist jeweils am Freitag von 14.00 bis 16.30 Uhr geöffnet.

Kontakt

​KANTON LUZERN
Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen
Gibraltarstrasse 3
6002 Luzern