Newsletter Freiwilligenarbeit 2/2019

Wissenswertes und Informatives aus der Arbeit der Koordinationsstelle für Freiwilligenarbeit im Asyl- und Flüchtlingsbereich.

Inhalt

Vorwort
Integration und Sport
Nothilfe erklärt
Aus der Praxis: Willisauer Café International «wici»
Ausblick

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser
Liebe Freiwillige

Erinnern sie sich noch an die Flüchtlingskrise von 2015? Damals wurde Europa vom Ausmass der Fluchtmigration völlig überrascht. Während in der Politik diskutiert wurde, wie man damit umgehen soll, zeigten sich viele Menschen solidarisch, krempelten die Ärmel hoch und setzten sich ganz pragmatisch für die Geflüchteten ein. Heute, nur vier Jahre später, ist die Situation eine ganz andere. Wir verzeichnen so wenige Asylgesuche wie das letzte Mal vor elf Jahren. Das hat auch Auswirkungen auf die Freiwilligenarbeit. Es ist eine gewisse Müdigkeit zu spüren und die Angebote nehmen leicht ab. Das ist nicht verwunderlich: Es liegt in der Natur der Freiwilligenarbeit, dass sie zeitlich begrenzt ist. Wenn also Freiwillige, die sich seit Jahren stark für Personen aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich engagieren, entscheiden, eine Pause einzulegen, habe ich Verständnis und Respekt dafür. Das Engagement nimmt aber auch ab, weil einige Angebote kaum mehr in Anspruch genommen werden. Das frustriert die Freiwilligen mitunter. In solchen Fällen sage ich jedoch immer, dass es auch Mut braucht, ein Angebot enden zu lassen und dass das durchaus positiv gesehen werden kann: Das Ziel wurde erreicht. Doch trotz der ruhigen Lage: Freiwilliges Engagement wird auch weiterhin wichtig für den Asyl- und Flüchtlingsbereich sein, vor allem im Hinblick auf die Integrationsagenda Schweiz (IAS). Diese ist seit Mai in Kraft und hat sich der rascheren Integration von Flüchtlingen (FL) und vorläufig Aufgenommenen (VA) verschrieben. Erst kürzlich hat das Staatssekretariat für Migration das Umsetzungskonzept des Kantons Luzern zur IAS genehmigt. Freiwilligenarbeit wird darin weiterhin eine zentrale Bedeutung haben: Sie stärkt das gesellschaftliche Miteinander und trägt massgeblich zur sozialen Integration bei. Das kantonale Umsetzungskonzept zur IAS berücksichtigt dies, indem es das freiwillige Engagement fördert und dieses besser mit den staatlichen Angeboten vernetzt. So sollen zum Beispiel kommunale Treffpunkte oder Anlaufstellen gestärkt werden. Ausserdem ist vorgesehen, VA/FL bereits beim Umzug in die Gemeinden in lokale Angebote zu vermitteln. Zu guter letzt sollen zu einem späteren Zeitpunkt Geflüchtete selbst als Freiwillige aktiv werden und damit auch als Schlüsselpersonen wirken. Auch wenn es ruhiger geworden ist: Es gibt noch viel zu tun! Ich jedenfalls freue mich, auch weiterhin mit Ihnen zusammen die Freiwilligenarbeit voran zu bringen!
 
Marianne Bachmann
Koordinatorin Freiwilligenarbeit

Integration und Sport

Im Rahmen des kantonalen Integrationsprogramms (KIP II) nahm Roland Distel im Oktober 2018 die Arbeit als Beauftragter Integration und Sport bei der Dienststelle Gesundheit und Sport auf. Seine Aufgabe ist es, Akteure im Bereich Sport und Integration wie z.B. Sport-, Quartier- und Migrationsvereine, aber auch Gemeinden, Freiwilligengruppen oder Jugendorganisationen bei der Erarbeitung und Umsetzung von integrativen Bewegungsangeboten zu unterstützen und beraten.
 
Mittlerweile steht ein Portfolio mit Konzepten und Programmen zur Verfügung, welches den einzelnen Akteuren zur Verfügung gestellt werden kann. Die Angebote reichen von Vorschulturnen, über Schwimmkurse für Frauen, Fahrradkurse, bis hin zu offenen Turnhallen. Weiter besteht die Möglichkeit, finanzielle Unterstützung für Projekte zu leisten. Eingabefrist für Projekte sind jeweils der 31. März und der 30. September. Die Richtlinien sind auf der Website aufgeschaltet. Für Freiwilligen-Gruppen besteht ausserdem regelmässig die Gelegenheit zur Teilnahme an Sportanlässen (z.B. Swiss City Marathon oder Luzerner Stadtlauf).
 
Mehr Informationen zu den einzelnen Angeboten sind auf der Website der Sportförderung zu finden. Zudem wird in diesem Newsletter regelmässig über das aktuelle Angebot informiert.
 

Nothilfe erklärt

Was bedeutet es für eine Person, wenn ihr Asylgesuch abgelehnt oder nicht darauf eingetreten wird?
Wird das Asylgesuch einer Person rechtskräftig abgelehnt oder wird nicht darauf eingetreten, verfügt das Staatssekretariat für Migration eine Wegweisung, d.h. diese Person ist per Gesetz dazu verpflichtet, innert einer gesetzten Frist die Schweiz selbstständig zu verlassen. Verlässt eine Person die Schweiz trotz Wegweisung nicht, hält sie sich illegal hier auf und macht sich somit strafbar. In jedem Fall wird die Person aus der ordentlichen Sozialhilfe ausgeschlossen. Sie kann aber auf Gesuch hin Nothilfe beantragen.
 
Wer ist zuständig für den Vollzug der Wegweisung?
Im Kanton Luzern ist das Amt für Migration zuständig. Dieses steht den betroffenen Personen mit Rückkehrberatung und Rückkehrhilfe unterstützend zur Seite. Je nach Kooperationsbereitschaft der Betroffenen kann das Amt für Migration auf verschiedene Massnahmen zurückgreifen, um die Ausreise sicherzustellen. Die Massnahmen reichen von einer einfachen Meldepflicht hin bis zu Ein- oder Ausgrenzungen.
 
Was ist der Unterschied zwischen Personen mit einem negativen Entscheid oder Nichteintretensentscheid und Personen mit einer vorläufigen Aufnahme?
Personen mit einer vorläufigen Aufnahme haben ebenfalls einen negativen Entscheid auf ihr Asylgesuch erhalten und sind auch verpflichtet, die Schweiz zu verlassen. Weil bei ihnen aber eine Wegweisung nicht möglich, nicht zulässig oder nicht zumutbar ist, erhalten sie eine vorläufige Aufnahme und dürfen vorerst in der Schweiz bleiben. Die Wegweisung bleibt aber weiterhin bestehen und das SEM prüft regelmässig, ob die Gründe für die vorläufige Aufnahme noch gegeben sind. Eine vorläufige Aufnahme kann daher jederzeit aufgehoben werden.
 
Wieso kann eine Wegweisung nicht vollzogen werden?
Es gibt verschiedene Gründe, wieso eine Wegweisung nicht vollzogen werden kann: Zum Beispiel, weil die betroffene Person bei der Rückkehr in den Heimatstaat Folter erwarten würde oder weil sie schwer krank ist und im Heimatstaat nicht die angemessene medizinische Behandlung erhalten und somit ihr Leben gefährden würde, aber auch weil der Heimatstaat der Person die Wiedereinreise verweigert oder weil die nötigen Reisepapiere nicht beschafft werden können. Hingegen gelten allgemein schwierige Lebensbedingungen im Herkunftsland, eine lange Aufenthaltsdauer hier oder eine fortgeschrittene Integration nicht als Gründe, um die Wegweisung nicht zu vollziehen.
 
Was umfasst die Nothilfe alles?
Der Standard der Nothilfe ist so ausgestaltet, dass möglichst kein Anreiz zum Verbleib in der Schweiz geboten wird. Mit der Nothilfe soll einzig das für ein menschenwürdiges Dasein absolut Notwendige finanziert werden. Dazu gehören eine Unterkunft, die medizinische Grundversorgung sowie ein Grundbedarf von zehn Franken pro Tag. Auf alles, was darüber hinaus geht, besteht kein Anspruch. Personen in der Nothilfe dürfen keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und dürfen auch keine Integrationsmassnahmen besuchen. Einzige Ausnahme ist das Recht auf Grundschulunterricht, das auch Kindern in der Nothilfe zusteht.
 

Aus der Praxis: Willisauer Café International «wici»

wici-Abendcafé (zVg)
Das Willisauer Café International «wici» ist ein ehrenamtliches, unabhängiges Freiwilligenprojekt zur Förderung der Integration und des guten Zusammenlebens von Zugezogenen und Einheimischen in der Region Willisau. Es ist seit vier Jahren ein Treffpunkt für den interkulturellen Austausch und steht allen Interessierten offen. Im Gespräch mit Reto Danuser, Leiter des «wici».
 
Reto, was genau bietet das «wici» an?
Das «wici» ist in erster Linie ein Treffpunkt für den interkulturellen Austausch und bietet eine Plattform für weitergehende Aktivitäten und Hilfen ausserhalb des Cafés. Interessierte haben die Möglichkeit, sich mit Leuten aus unterschiedlichen Herkunftsländern zu unterhalten und Kontakte zu knüpfen. Für Leute mit Migrationshintergrund bietet das «wici» eine gute Möglichkeit, Kontakte zu pflegen, Ansprechpartner und Hilfe zu finden sowie ihre Deutschkenntnisse weiter zu entwickeln. Hilfreich ist sicher, dass wir Schlüsselpersonen haben, mit denen die Kontaktaufnahme in verschiedenen Sprachen möglich und somit einfacher ist. Zusätzlich gibt es monatlich weitere «wici»-Anlässe, aber auch Aktionen wie z.B. die Aktion Velo, bei der wir Geflüchteten besitzerlose Velos abgeben, welche die Stadt Willisau regelmässig auf dem Stadtgebiet einsammelt. Auch das Angebot «Wohnen» wird von den geflüchteten Menschen rege genutzt und sehr geschätzt. Dabei werden sie durch Freiwillige bei Fragen rund ums Thema Wohnen unterstützt. Alle unsere Aktivitäten sind übrigens auf unserer Website publiziert.
 
Wie hat sich das «wici» seit Anfang entwickelt? Was sind eure Herausforderungen?
Die Anzahl der Teilnehmenden ist über die Zeit hinweg konstant geblieben: Durchschnittlich besuchen ungefähr 25 Personen das «wici». Zurzeit haben wir aber kaum noch Leute, die neu ins «wici» kommen. Das hängt damit zusammen, dass sich viele der vor allem jungen Leute nun in einem Integrationsprozess, befinden. Eine Herausforderung für uns ist es einerseits, die bestehenden Freiwilligen zu halten, denn ohne sie wäre unser vielfältiges Angebot gar nicht möglich, aber auch neue, jüngere Freiwillige zu gewinnen. Andererseits müssen wir uns immer wieder überlegen, ob unsere Angebote noch zeitgemäss sind oder ob wir sie allenfalls weiterentwickeln und verändern sollen. Nur wenn ein Angebot attraktiv ist und den Teilnehmenden einen Nutzen bringt, wird es regelmässig und über einen längeren Zeitraum besucht. So haben wir z.B. unser Abendcafé teils durch andere Aktivitäten ersetzt, weil es nicht rege besucht wurde. Auch müssen wir uns zum Teil von gewissen Themen abgrenzen. So ist z.B. die berufliche Integration ein Thema, mit dem wir bei unserem Engagement immer wieder konfrontiert werden. Da wir selber nicht so gute Erfahrungen bei der Vermittlung von Arbeitsplätzen gemacht haben, konzentrieren wir uns nun darauf, die Arbeitgeber zu sensibilisieren. Haben wir z.B. Kenntnis davon, dass ein Arbeitgeber eine Flüchtlingsperson einstellen möchte, können wir ihm eine aus unserer Sicht geeignete Person empfehlen. Das weiter Prozedere überlassen wir dann aber der DAF.
 
Erfahrt ihr Unterstützung durch die Stadt?
Die Wertschätzung für unser Engagement von Seiten der Stadtbehörde ist für uns gut spürbar. Wir werden von der Stadt ideell und finanziell unterstützt. Die zuständige Stadträtin kommt regelmässig im «wici» vorbei und besucht auch die Anlässe. Die Stadt unterstützt auch die weiteren Integrationsprojekte in Willsau: Die Integrationsgruppe, den internationalen Frauentreff und die Tandem-Gruppe.
 
Wo siehst du Verbesserungspotential?
Ich wünsche mir eine grössere Vernetzung mit anderen Freiwilligen (-Gruppen) um gegenseitige Erfahrungen austauschen zu können und voneinander zu profitieren. Dies könnte ich mir z.B. anhand eines Whatsapp-Chats sehr gut vorstellen. Hilfreich wäre auch eine Plattform zum Austauschen von Unterlagen und Dokumenten, z.B. über die Website der DAF. Ich erachte es ausserdem als wertvoll und integrationsfördernd, wenn Flüchtlingspersonen nicht nur Angebote nutzen und von ihnen profitieren, sondern dass sie auch einen in ihrem Rahmen möglichen Beitrag dazu leisten müssen.
 
Die Lage im Asylwesen ist spürbar ruhiger geworden, was auch Auswirkungen auf das Freiwilligenengagement hat. Dieses hat leicht abgenommen. Was ist deine Motivation, dich auch weiterhin mit solch grossem Engagement für geflüchtete Menschen einzusetzen?
Das werde ich immer wieder gefragt. Die Einstellung, sich für schwächere Leute einzusetzen, wurde mir so zu sagen in die Wiege gelegt. Als ich frühzeitig aus dem Erwerbsleben trat, hatte ich vor, mich für ein soziales Projekt weiter zu engagieren. Irgendwie hat es sich einfach so ergeben, dass ich mich hier in Willisau den Flüchtlingspersonen angenommen habe. Ich habe mir gedacht, wenn ich sie in ihrer Integration nicht unterstütze, wer macht es denn sonst? In meinem Engagement sehe ich eine sinnvolle Tätigkeit und ich kann für die Gesellschaft etwas beitragen. Ich hatte es zeitlebens gut, so kann ich jetzt auch etwas zurückgeben. Manchmal fällt es mir nicht einfach, nein zu sagen.
 
Reto, ich danke dir für das Interview und ein herzliches Dankeschön dir und all euren Freiwilligen für euer wertvolles Engagement!
 

Ausblick

Lost in Translation? Kulturelle Unterschiede kennen und verstehen
Donnerstag, 7. November 2019, 18.00 – 21.00 Uhr, Pfarreisaal Adligenswil
 
Die Lebensgeschichten und -umstände von Personen aus dem Asylbereich stellen oft hohe Ansprüche an eine einfühlsame Beziehungsgestaltung. Eine zusätzliche Herausforderung sind kulturelle Unterschiede, welche die Zusammenarbeit gleichzeitig bereichern und erschweren. Am Workshop unternehmen wir eine gemeinsame Tour d’Horizon, auf der wir zentralen Unterschieden nachspüren und sie in der gemeinsamen Diskussion besser verstehen lernen; der Fokus liegt dabei auf vom Islam geprägten Kulturen. Die Teilnehmenden erhalten so das nötige Rüstzeug, um erschwerende Aspekte besser einordnen und bereichernde Aspekte bewusster gestalten zu können.
 
Leitung:
Seraina Näf, Mitarbeiterin Stab, Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen
 
Bitte melden Sie sich für die Veranstaltung bei Marianne Bachmann an (marianne.bachmann@lu.ch).
 

Kontakt

​KANTON LUZERN
Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen
Gibraltarstrasse 3
6002 Luzern